Beschluss vom 11.12.2024 -
BVerwG 1 B 36.24ECLI:DE:BVerwG:2024:111224B1B36.24.0
Kein Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG durch Ausschluss der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Tatsachenrevision nach § 78 Abs. 8 AsylG
Leitsatz:
Ein Verstoß gegen § 78 Abs. 8 Satz 1 AsylG kann auch im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG nicht entgegen der eindeutigen Regelung in § 78 Abs. 8 Satz 2 AsylG als Verfahrensmangel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO gerügt werden.
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Rechtsquellen
AsylG § 78 Abs. 8 Satz 1 und 2 VwGO § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 GG Art. 19 Abs. 4 Satz 1 -
Instanzenzug
VG Köln - 04.08.2023 - AZ: 20 K 792/23.A
OVG Münster - 10.09.2024 - AZ: 11 A 1460/23.A
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Zitiervorschlag
BVerwG, Beschluss vom 11.12.2024 - 1 B 36.24 - [ECLI:DE:BVerwG:2024:111224B1B36.24.0]
Beschluss
BVerwG 1 B 36.24
- VG Köln - 04.08.2023 - AZ: 20 K 792/23.A
- OVG Münster - 10.09.2024 - AZ: 11 A 1460/23.A
In der Verwaltungsstreitsache hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 11. Dezember 2024
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Keller,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Fleuß und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Wittkopp
beschlossen:
- Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 10. September 2024 wird zurückgewiesen.
- Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe
1 Die auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (1.) und eines Verfahrensmangels (2.) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.
2
1. Soweit die Beschwerde ausführt,
"Es mag sich die Frage stellen, ob die Zulassung einer Tatsachenfrage i. S. d. § 78 Abs. 8 AsylG auch i[m] Beschwerdewege[] für den Antragsteller einklagbar sein muss",
lässt sich dem bereits die Geltendmachung eines Zulassungsgrundes im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO nicht hinreichend deutlich entnehmen. Insoweit fehlt es zudem an einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechenden Begründung, etwa im Hinblick auf eine vermeintliche Grundsatzbedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
3 2. Die Revision ist nicht wegen eines Verfahrensmangels (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen. Soweit der Kläger sinngemäß geltend macht, die unterbliebene Zulassung der Revision durch das Oberverwaltungsgericht verstoße - jedenfalls bei der gebotenen verfassungskonformen Rechtsanwendung - gegen § 78 Abs. 8 Satz 1 AsylG, kann darauf nach § 78 Abs. 8 Satz 2 AsylG eine Nichtzulassungsbeschwerde - auch im Hinblick auf § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO - von vornherein nicht gestützt werden. Dieses Verständnis ergibt sich aus dem eindeutigen Wortlaut des § 78 Abs. 8 Satz 2 AsylG und aus der gesetzgeberischen Zielsetzung, eine anderenfalls drohende zusätzliche Belastung des Bundesverwaltungsgerichts zu verhindern und diesem eine Konzentration auf Tatsachenfragen von fallübergreifender Bedeutung zu ermöglichen (BT-Drs. 20/4327 S. 43). Die verfassungsrechtliche Gewährleistung des Art. 19 Abs. 4 GG steht dem nicht entgegen.
4 Das in Art. 19 Abs. 4 GG verankerte Gebot effektiven Rechtsschutzes gewährleistet keinen Anspruch auf die Errichtung eines bestimmten Instanzenzuges. Zwar darf - hat der Gesetzgeber mehrere Instanzen geschaffen - der Zugang zu ihnen durch die gerichtliche Anwendung und Auslegung des einschlägigen Prozessrechts nicht in unzumutbarer und durch Sachgründe nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16. Juli 2013 - 1 BvR 3057/11 - BVerfGE 134, 106 Rn. 34 m. w. N.). Art. 19 Abs. 4 GG verlangt indes gerade nicht, dass den Verfahrensbeteiligten von Verfassungs wegen stets die Möglichkeit eröffnet sein müsste, eine - vermeintliche - Verletzung des genannten Verbots der unzumutbaren Erschwerung des Zugangs zu Rechtsmitteln mit einem Rechtsbehelf geltend machen zu können, zumal dies jedenfalls mit der Verfassungsbeschwerde gerügt werden kann. Aus Art. 19 Abs. 4 GG lässt sich daher nicht herleiten, dass ein Verstoß gegen § 78 Abs. 8 Satz 1 AsylG entgegen der eindeutigen Regelung in § 78 Abs. 8 Satz 2 AsylG als Verfahrensmangel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO gerügt werden könnte.
5 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nach § 83b AsylG nicht erhoben. Der Gegenstandswert folgt aus § 30 Abs. 1 Satz 1 RVG; Gründe für eine Abweichung gemäß § 30 Abs. 2 RVG liegen nicht vor.